Update zu Julian Assange

Seit fast 9 Monaten befindet sich Julian Assange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Süden Londons in Haft. Über seinen schlechten psychischen und gesundheitlichen Zustand schrieb ich bereits ausführlich in der aktuellen Ausgabe der „Lichtsprache“.

In Schweden wurde das Ermittlungsverfahren gegen ihn – das ja noch einmal aufgerollt werden sollte -  nun doch eingestellt, da die Beweise nicht für eine Anklage gegen ihn reichten. Das ist einerseits eine gute Nachricht (obwohl es immer klar war, dass es sich damals um eine Sexfalle gehandelt hat), zum anderen ist es aber schlecht, da Assanges Anwälte darauf gehofft hatten, dass das Auslieferungsverlangen von Schweden die Auslieferungsforderung der USA hintenanstellen würde.

Julian Assange wird 23 Stunden am Tag in Einzelhaft und isoliert von anderen Insassen in einer kleinen Zelle gehalten, in der nur ein Metallbett, eine Toilette und ein Plastikstuhl stehen. Er bekommt starke Medikamente, die ihn psychisch offenbar betäuben. Er darf nicht ins gefängnisinterne Fitnessstudio, nicht in den Gottesdienst und nicht in die Bibliothek. Ein einziges Buch hat er, in dem er liest: ein Buch von Nelson Mandela, der – welch Ironie – 27 Jahre im Gefängnis verbrachte, bevor man ihn in den letzten Wochen durch Europa fuhr, um Unterstützung für seinen Sohn zu erhalten, berichtete, dass Julian Assange im Oktober bei der Gerichtsanhörung (die „Lichtsprache“ berichtete) deshalb so verwirrt und benommen war, weil man ihn kurz zuvor in eine „Hot Box“ gesteckt hatte. Das ist eine Foltermethode, bei der der Gefangene in eine Isolierkiste oder einen Raum mit hohen Temperaturen gesteckt wird. Danach brachten sie ihn gleich in den Gerichtssaal. „Ich sterbe hier langsam“ sagte Julian Assage zu einem Freund, der mit ihm Ende Dezember telefonieren durfte. Der sonst so schnell redende, klare und wortgewandte Whistleblower wirkte betäubt und unklar.

Inzwischen ist es ihm gestattet, Post zu empfangen. Der Vater bekam bei einem seiner Besuche mit, dass ihm 500 Briefe überbracht wurden! Inzwischen hat man ihm auch Zugang zu den für ihn notwendigen Dokumenten gewährt, die er braucht, um sich auf die Gerichtsverhandlung im Februar vorzubereiten, die über die Auslieferung an die USA entscheiden soll. Gegen diesen Termin hatten sich Assange Anwälte ja ausgesprochen, um das Verfahren, das derzeit in Spanien läuft, abwarten zu können. Denn dort läuft derzeit ein Verfahren gegen die Firma, die Assange das letzte Jahr in der ecuadorianischen Botschaft rund um die Uhr ausspioniert und sämtliche Daten an die USA weitergegeben hat. Dadurch wurde sein Recht auf vertrauliche Gespräche mit seinen Anwälten massiv verletzt. Der Ausgang dieses Prozesses könnte einen positiven Einfluss auf seine Auslieferung an die USA haben.

Nun gab es weitere Anhörungen. Sie fanden am 13. und 19. Dezember im Westminster Gericht statt und Julian Assange war per Videokonferenz dazugeschaltet. Er sprach fast gar nicht und reagierte oft teilnahmslos. Auch berichteten Beobachter von Wikijustice Julian Assange, dass seine Anwälte sich nicht mehr so für ihn einsetzen wie früher. Beklagt wird zum Beispiel, dass keine Entlassung beantragt wird oder nicht darauf bestanden wird, Assange persönlich zu den Anhörungen zu bestellen. Bekannt wurde außerdem, dass einer seiner Anwälte die USA in anderen Auslieferungsverfahren vertritt, was natürlich einen riesigen Interessenskonflikt darstellt. Es wurden Verhandlungstermine für den 14. und 23. Januar sowie für den 7. und 24. Februar festgelegt. Die Hauptverhandlung ist dann am 25. Februar. Bekannt wurde auch, dass der britische Innenminister bereits im Juni 2019 die Auslieferung an die USA unterzeichnet hat, ohne das Prozessergebnis abzuwarten. Insgesamt 18 Anklagepunkte werfen die USA Assange vor, 17 davon handeln von Spionage. Dabei haben die USA sich selbst Spionage vorzuwerfen, die sie in der ecuadorianischen Botschaft, in der Julian Assange sieben Jahre lang Asyl hatte, vornahmen! Assange wurde im Dezember zu der heimlichen Späherei durch die spanische Sicherheitsfirma „Undercover global“ in der ecuadorianischen Botschaft befragt, wo er auch wieder per Video zugeschaltet wurde. Das Unternehmen hat bis Ende 2017 nur Bilder aufgenommen und danach Kameras mit Mikrofonen installiert. Die Überwachungsberichte über den „Gast“ (Codename für Assange) wurden unter dem Codewort „Operation Hotel“ weitergeleitet, zuerst an den ecuadorianischen Geheimdienst, dann gegen Geld an die CIA. Julian Assange sorgte natürlich vor. Er benutzte nur Krypto-Handys und verschlüsselte Emails. Zum Telefonieren ging er oft bewusst in die Damentoilette der Botschaft, weil er ahnte, dass die anderen Räume abgehört wurden. Auch setzte er ein Gerät ein, dass weißes Rauschen produzierte, woraufhin die Überwachungsfirma Spezialfolien an den Fenstern installierte, um die Überwachung von Außen weiterführen zu können. Im April 2018 übernahm dann eine andere Firma die Security, doch auch diese – PROM Security – soll überwacht haben. Offensichtlich hatte UC global die Überwachung zunächst tatsächlich nur zum Zwecke der Sicherheit für Julian Assange gemacht, beauftragt von der ecuadorianischen Regierung. Doch der Chef der Firma, David Morales, ließ sich von den USA kaufen.

Britische Ärzte warnen jetzt angesichts des schlechten Gesundheitszustandes von Julian Assange, dass er sterben könnte, wenn ihm nicht geholfen wird. Über 60 Ärzte haben sich zusammengefunden und einen Brief an die Regierung geschrieben, in welchem sie rieten, dass Assange wegen seiner Depression, seiner Angst- und Streßsysmptome, Zahnproblemen und neurologischen Beschwerden behandelt werden müsse und forderten eine Überweisung in ein Krankenhaus. Der UNO-Sonderberichterstatter Nils Melzer hatte Julian Assange mit Ärzten besucht, die die Folgen der Folter, über die er berichtet hatte (siehe „Lichtsprache“ Nr. 112), bestätigten. Damals schon bat Assange Melzer bei der Verabschiedung: „Bitte retten Sie mein Leben.“ Die Ärzte sind sich sicher, dass Assange sterben wird, wenn ihm jetzt nicht geholfen wird. Nils Melzer ist entsetzt angesichts der USA und Großbritannien, die ein einziges Individuum so lange Zeit menschenunwürdig behandeln und dämonisieren. So etwas habe er in 20 Jahren in seiner Arbeit mit Opfern von Krieg und politischer Verfolgung noch nie erlebt, betonte er. Beschämend ist auch, dass das Auswärtige Amt die Folter-Berichte von Nils Melzer ignoriert und deren Existenz sogar bestritten hat. Als Melzer dann zu einer öffentlichen Anhörung im Bundestag erschien, musste er feststellen, dass die Menschenrechtsabteilung seine Berichte nicht einmal gelesen hatte, was auch unumwunden zugegeben wurde. Melzer veröffentlichte die Berichte schließlich via Twitter, um dem Auswärtigen Amt zu zeigen, dass seine Berichte öffentlich einsehbar sind. Dass die Bundesregierung bzw. das Auswärtige Amt so ignorant sind, liegt natürlich an der „Zusammenarbeit“ (Hörigkeit) mit den USA. Vergeblich rief auch Julians Vater in einem Interview die Bundesregierung dazu auf, seinen Sohn stärker zu unterstützen. Diese erklärte nur, dies sei eine Angelegenheit der britischen Justiz.

Das Volk und die Menschen fühlen – im Gegensatz zu den Regierungen – mit dem Whistleblower mit. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden existiert inzwischen eine enge Vernetzung dreier Friedensgruppen, die eine Reihe von Initiativen ins Leben gerufen haben, um Julian Assange zu helfen. Unter dem Motto „Free Assange“ gab es am 27. November 2019 eine Demo in Berlin am Brandenburger Tor und eine Demo mit Mahnwache vor dem Haus der Presse in Dresden. In Berlin sprachen Nils Melzer, John Shipton (Vater von Julian Assange) und Kristinn Hrafnsson (Chefredakteur Wikileaks) und es wurde eine Statue des Bildhauers Davide Dormino aufgestellt, die Julian Assange neben Edward Snowden und Chelsea Maning zeigt. Dort wurde ein offener Brief vorgelesen, der sich als Vorwurf an die Presse richtete, welche die haltlosen Vorwürfe gegen ihn (vor allem die der Vergewaltigung in Schweden) immer noch in den Vordergrund stellt, seine Verfolgung skandalisiert, ihn als Narzisten und Spion darstellt, statt aufzuzeigen, wie durch seine Verhaftung und psychische Folterung Recht gebrochen und Unrecht begangen wird. Dabei haben die Medien – und das klagt der offene Brief an – die Aufgabe, das Handeln der Herrschenden zu kontrollieren und transparent zu machen. Stattdessen informieren die Medien lediglich über die Regierenden, ohne deren Handeln zu hinterfragen und – verschweigen dabei noch die wichtigsten Mißstände. Es wird einfach schweigend übernommen, was die Presseagenturen schicken, welche widerum von den Hintergrundmächten manipuliert werden. Genau auf diesen Mißstand versuchte Julian Assange aufmerksam zu machen! Bestes Beispiel war der Videomitschnitt „Collateral Murder“, der das barbarische Töten der US-Armee im Irakkrieg zeigte. Edward Snowden hat es auf den Punkt gebracht: „Wenn das Aufdecken von Verbrechen wie ein Verbrechen behandelt wird, werden wir von Verbrechern regiert“. Wie wahr!

Es ist jetzt auch ein Buch erschienen, das dem Wikileaks-Gründer gewidmet ist. „In Defense of Julian Assange“ (übersetzt: „Zur Verteidigung von Julian Assange“) von Tariq Ali und Margaret Kunstler in Zusammenarbeit mit 38 Co-Autoren. Dass Großbritannien, ein vermeintlich „demokratisches westliches Land“, Assange so schlecht behandelt, zeige, dass es eigentlich „totalitär“ ist, so Vivienne Westwood, die eine der Co-Autoren des Buches ist. In einer Rede sprach die britische Modeschöpferin von ihrer Angst, dass es der Regierung egal ist, ob Assange im Gefängnis stirbt. Sie appellierte an die Presse, doch bitte endlich ihre eigentliche Aufgabe zu erfüllen, denn dann bekäme man ihn eventuell eher aus dem Gefängnis. Weitere Co-Autoren sind unter anderem John Pilger, Noam Chomsky und Pamela Anderson. Letztere besuchte Julian Assange Ende des letzten Jahres im Gefängnis. Auch ein Beitrag von Julian Assange selbst findet sich in dem Buch, das es aber nur auf englisch gibt. Die Einnahmen aus dem Buch gehen an die „Courage Foundation“.

1087 Journalisten aus 91 Länder haben einen offenen Brief unterzeichnet, in welchem sie sich für Julian Assange ausgesprochen haben. Die „Lichtsprache“ hat auch unterschrieben. Die Akademie der Künste (ADK) in Berlin forderte in einer Pressemitteilung einen „humanen und rechtsstaatlichen Umgang mit Julian Assange“. Die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ) rief dazu auf , Assange als politischen Flüchtling anzuerkennen. Und der mexikanische Präsident López Obrador sprach sich letzte Woche öffentlich für die Freilassung von Julian Assange aus und forderte die sofortige Beendigung der psychischen Folter.

Bei der Petition, welche die Auslieferung von Assange an die USA verhindern will, haben jetzt an die 354.760 Menschen unterschrieben. 500.000 will man erreichen. Wer noch nicht unterzeichnet hat, hier ist der Link zur Petition: https://www.change.org/p/verhindert-die-auslieferung-von-julian-assange-an-die-usa.  Außerdem gibt es eine weitere Petition, die einfordert, dass Assange aus Belmarsh herauskommt, um sich auf seine Gerichtsverhandlung vorbereiten zu können. Hier der Link: http://chng.it/G6KtgDQQH2. Eine weitere Möglichkeit zu helfen ist die, Briefe an die Behörden zu schreiben. Hier nähere Infos dazu: https://www.change.org/p/verhindert-die-auslieferung-von-julian-assange-an-die-usa/u/25560643?cs_tk=AjTblCX94VrAAhXAFl4AAXicyyvNyQEABF8BvKB7ns3KzrnKRk_yE_PJbzU%3D&utm_campaign=680eb8e7130d462baaa6e3030c5de5bc&utm_content=initial_v0_2_0&utm_medium=email&utm_source=petition_update&utm_term=cs

Wir vom Verein haben beispielsweise einen Brief an den britischen Premierminster geschrieben.

Der Grundsatz der freien Meinungsäußerung und die Pressefreiheit stehen auf dem Spiel, wenn Julian Assange tatsächlich in die USA ausgeliefert und dort zu 175 Jahren Haft verurteilt wird. Gewinnt diese Übermacht der Medien und der nichtdemokratisch handelnden Staaten, dann kann der Fall Assange als Präzedenzfall genutzt und Journalisten in Zukunft verfolgt werden.

 

SK, Quellen:

https://peds-ansichten.de/2019/11/assange-unterstuetzung; https://mahnwache.wordpress.com; https://mahnwache.files.wordpress.com/2019/11/offener_brief_assange.pdf; http://friedensbewegung.info; www.change.org; https://deutsch.rt.com/kurzclips/95010-buch-zur-verteidigung-von-assange; https://speak-up-for-assange.org/journalistinnen-sprechen-sich-fur-julian-assange-aus; „Please save my life“, A. Warsame, www.ecpmf.eu/news/threats/please-save-my-life-julian-assange; https://de.sputniknews.com/panorama/20191219326264736; https://deutsch.rt.com/international/96442-mexikos-prasident-bittet-um-freilassung

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Um etwas zu verändern, sollte man nicht etwas Altes zerstören,

sondern etwas Neues schaffen, das das Alte überflüssig macht