So schlecht geht es Julian Assange wirklich!

 

Im Oktober kam es zu einer weiteren Anhörung im Fall Julian Assange, der seit April im Belmarsh-Gefängnis in Großbritannien festsitzt, nachdem man ihn aus seinem Asyl in der ecuadorianischen Botschaft Londons herausgezerrt und verhaftet hatte. Die Anhörung fand am 21. Oktober im Westminster Magistrates Court statt. Der Journalist Craig Murray, der auch mit Julian Assange befreundet ist, war neben anderen Journalisten vor Ort und schilderte, wie unfair Julian Assange behandelt wird und in was für einem schlechten Zustand er sich befindet. Er hatte nicht nur 15 kg abgenommen und war schockierend dünn geworden, sondern hatte auch Haare verloren und war stark gealtert. Dazu hinkte er noch. Einge Zeit war er krank gewesen und hatte deshalb Zeit auf der Krankenstation des Gefängnisses verbracht.

Schlimmer ist aber sein geistiger Verfall. Er hatte Mühe, Antworten zu geben und sich zu konzentrieren, wenn er gefragt wurde und war desorientiert. Murray ist sich ziemlich sicher, dass Julian Assange auf irgendeine Art Folter erfährt, da er alle Anzeichen eines Folteropfers zeigt. Neben dem brutalen Justizvollzug in Einzelhaft, der ihm nur zwei Besuche pro Monat und  täglich 30 Minuten lang einen Gang im einsamen Gefängnisflur unter Abschottung der anderen Gefängnisinsassen gestattet, hat er keinen Zugang zu einem Computer und zu seinen Unterlagen. Die Folter, der er ausgesetzt ist, ist psychischer Natur. Darauf machte der UN-Sonderbeauftragte für Folter, Nils Melzer, aufmerksam. Dies sei medizinisch bereits eindeutig. Als er sich an andere UN-Staaten um Hilfe wandte, stimmte kein einziges Land zu, zu helfen, obwohl diese gemäß der UN-Antifolter-Kovention dazu verpflichtet wären. Sein Anwaltsteam zeigte sich besorgt darüber, ob Julian das Ende des Auslieferungsverfahren überleben werde. Für Murray war es unerträglich, zuzusehen, wie der Staat aus dem redegewandten und schnelldenkenden Whistleblower und Journalisten ein Wrack gemacht hatte. Die Anhörung diente dazu, den Zeitplan des Auslieferungsverfahrens an die USA festzulegen. Da seine Anwälte nur begrenzt Zugang zu ihrem Klienten bekamen und ihm erst eine Woche vorher ihn betreffende Dokumente aushändigen konnten und Julian auch erst dann begrenzten Zugang zu einem Computer gewährt bekam, baten sie um mehr Zeit, um sich besser vorbereiten zu können. WikiLeaks hatte bereits berichtet, dass Assange isoliert gehalten wird, ohne Zugang zu juristischen und seinen eigenen Dokumenten, die ihm helfen könnten, sich an seiner Verteigung zu beteiligen.

Julian Assanges Anwälten geht es um Beweise, die sie dabei sind zu sammeln und die belegen, dass er in der Botschaft die ganze Zeit von der CIA über eine spanische Sicherheitsfirma, abgehört und ausspioniert wurde, die eigentlich zu seinem Schutz dagewesen sei. Auch bei internen Gesprächen mit seinen Anwälten habe man ihn belauscht. Zu dem Beweismaterial gehört auch ein Komplott der CIA, Assange zu entführen. Dies alles werde derzeit vor einem spanischen Gericht geklärt, weshalb man einen Monat mehr benötige, bis von dort das abschließende Beweismaterial zur Verfügung steht. Das Gericht lehnte eine Verschiebung des Gerichtstermins über die Auslieferung, der für den 25. Februar anberaumt ist, ab. Murray beschrieb, dass die Richterin Julian Assange von oben herab behandelte und während der Anhörung Argumente und Einwände der Rechtsanwälte von Assage missachtete, während sie sich dem Staatsanwalt stets freundlich zuwandte. Beweismittel, die bis dahin eingereicht würden, ließe sie aber gelten, sagte sie. Interessant ist, dass fünf Vertreter der US-Regierung anwesend waren, die hinter den Anwälten saßen. In der Pause steckte der Staatsanwalt, der die britische Regierung vertritt, sofort den Kopf mit den Amerikanern zusammen. Als dann die Anhörung fortgesetzt wurde, besprach sich der Staatsanwalt ganz offen mit den US-Vertretern und offenbarte der Richterin gegenüber sogar, er „erhalte seine Instruktionen von denen da hinten“. Die Richterin wiederum richtete sich nach dem Staatsanwalt und führte damit die Instruktionen der USA aus! Murray dazu: „Genauso gut hätte die US-Regierung auf dem Richterstuhl sitzen und den ganzen Prozess kontrollieren können“. Zu diesem Zeitpunkt wurde ihm klar, dass dies kein faires Rechtsverfahren war und dass die Auslieferung gemäß eines von den USA diktierten Zeitplans durchgepeitscht wird. Murray ist sich sicher, dass deshalb auf den Februar-Termin bestanden wird, um die Beweise aus dem spanischen CIA-Gerichtsverfahren zu sabotieren. Auch die Bitte von Assanges Anwälten, zuvor eine gesonderte Anhörung anzuberaumen, um abzuklären, ob das Auslieferungsverfahren überhaupt Geltung hat, lehnte die Richterin ohne Begründung ab, obwohl im Paragraphen 4 des Auslieferungsabkommens zwischen Großbritannien und den USA unter Punkt 1 eindeutig steht, dass eine „Auslieferung nicht gewährt wird, wenn es sich bei der Straftat, für die die Auslieferung beantragt wird, ume ine politische Straftat handelt“. Da die USA ihm eine politische Straftat vorwerfen, darf eigentlich keine Auslieferung an die USA erfolgen! Schließlich verkündete die Richterin auch noch, dass die Anhörung im Februar im Belmarsh Magistrates Court stattfinden werde, ein Gericht, das an das Hochsicherheitsgefängnis angeschlossen ist, in dem Julian Assange einsitzt und das vor allem für die vorbereitende juristische Sachbearbeitung von Terroristen verwendet wird. Dort gibt es nur sechs Plätze für das öffentliche Publikum, womit man offensichtlich sicherstellen will, nicht viele Zuschauer dabei zu haben. Bei der aktuellen Anhörung waren etwa 30 Menschen zugegen, die alle Zeugen dieser Farce und des schlechten Zustandes von Julian Assange wurden. Aus Solidarität Assange gegenüber hatten sie bei seinem Erscheinen die Fäuste erhoben. Rund um das Westminster-Gericht hatten sich hunderte Menschen versammelt, um zu protestieren. Zum Schluss forderte die Richterin ihn auf, sich zu erheben und fragte ihn, ob er die Verhandung verstanden habe. Julian Assange verneinte und sagte, dass er nicht richtig denken könne. Doch dann richtete er sich ein wenig auf und sagte: „Ich verstehe nicht, wie dieser Prozess gerecht sein soll. Diese Supermacht hatte 10 Jahre, um diesen Fall vorzubereiten, und ich habe nicht einmal Zugang zu meinen eigenen Notizen. Es ist sehr schwierig, überhaupt irgendetwas zu tun, dort wo ich bin. Diese Leute haben unbegrenzte Ressourcen.“  Dann verlor er an Kraft, seine Stimme sank und er sprach verwirrt und zusammenhanglos. Er sprach davon, dass Whistleblower und Publizisten zu Volksfeinden deklariert werden, sagte, dass die DNS seiner Kinder gestohlen wurde und man ihn während der Sitzungen mit seinem Psychologen ausspioniert. „Das ist nicht gerecht, was hier passiert.“ Murray schmerzte es sehr, ihn so zu sehen. Und er betonte, dass die Anhörung eine einzige Demonstration der Macht und eine unverhüllte Kontrolle durch die USA gewesen sei.

Craig Murray betont, Julian Assange sei nur noch ein Schatten seiner selbst. Er befürchtet, dass er den Ausgang des Auslieferungsverfahrens nicht mehr erleben könnte. Auch der Vater von Julian Assange sagte in einem Interview, er befürchtet, dass sein Sohn bald an den Folgen dessen, was er derzeit erlebe, sterben werde. Und Julians Bruder Gabriel berichtete nach einem Besuch in Belmarsh, dass Julian das Gefängnis als „Hölle“ beschrieb. Der Journalist John Pilger, der Assanges Bruder begleitete, verglich die Behandlung, der Julian Assange ausgesetzt ist, mit der von Diktaturen und wie diese mit politischen Gefangenen umgehen.

Dem 48-jährigen Julian Assange droht nun die willkürliche und nicht auf Recht basierende Auslieferung an die USA, wo ihn eine Verurteilung von bis zu 175 Jahren Haft erwartet, weil er die Wahrheit preisgegeben hat. Zudem werden die USA damit ein Exempel statuieren, deren Botschaft lautet: Seht her, ihr Whistleblower, das ist es, was euch erwartet, wenn ihr unsere Geheimnisse preisgebt. Dabei wollte Julian Assange weltweit für mehr Transparenz sorgen und leistete mit seinen Enthüllungen einen wesentlichen Beitrag, um Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen der USA aufzudecken. Nicht er ist der Verbrecher, sondern das Kriegsland USA! Mit seiner mutigen Arbeit hielt Julian Assange der journalistischen Welt einen Spiegel vor Augen, der aufzeigte, wie rar wahrer Journalismus inzwischen geworden ist. Wenn er jetzt verliert, wird die Chance auf freien Journalismus und Transparenz der Regierungen endgültig begraben. John Pilger fragte Julian Assange bei seinem Besuch, was er den Menschen draußen mitteilen solle. Julian Assange antwortete: „Es geht nicht nur um mich. Es geht viel weiter. Es geht um uns alle. Es sind alle Journalisten und alle Verleger, die ihren Job machen, in Gefahr.“

SK, Quellen:
https://www.craigmurray.org.uk/archives/2019/10/assange-in-court/ (deutsche Übersetzung: https://fassadenkratzer.wordpress.com); www.theguardian.com/media/2019/oct/21/julian-assange-extradition-judge-refuses-request-for-delay-wikileaks; https://zackzack.at/2019/10/21/stirbt-der-wikileaks-gruender-im-gefaengnis-folter-haft-fuer-julian-assange-verlaengert; Inter-Info Nov. 2019; „John Pilger mit Warnung von Julian Assange aus dem Gefängnis“, https://revealthetruth.net.

(erschienen in LICHTSPRACHE Nr. 112, Dez. 2019/Jan./Febr. 2020)
online gestellt am 9.1.2020

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