Autos müssen warten

In Bremen haben Architektur-Studenten der Hochschule Bremen im Januar ein einzigartiges Experiment durchgeführt, dass so manchen Autofahrer ins Grübeln und Fußgänger in Laune versetzt hat. Durch ein eigens installiertes Ampelsystem, das vorübergehend an einer stark befahrenen Straße aufgestellt worden war, hatten die Fußgänger Dauergrün. Autos mussten stattdessen an der roten Ampel halten, einen Knopf drücken und warten, bis sie grün hatten, um weiterfahren zu können. Den Spieß umdrehen und den Menschen zeigen, dass nicht nur das Auto Anrecht auf die Straße hat, wollte der Architektur-Professor Klaus Schäfer. Er fand, dass ein anderer Blickwinkel im Straßenverkehr nötig ist und wollte seinen Studenten – angehenden Stadtplanern – zeigen, dass es auch anders geht. Über das Hochschulprojekt beschwerten sich allerdings etliche Autofahrer.

Erstaunen rief auch die Aktion „Zu Fuß fahren“ hervor. Vier Studenten marschierten in weißen Overalls als „Autofahrer“ in einem Holzrahmen, der wie ein Auto aussah, und den sie, statt das „Auto“ zu fahren“, durch die Innenstadt trugen. Erstaunt waren die Akteure selbst über die Reaktion der Menschen: Autofahrer nahmen sie nicht ernst, und Fußgänger hatten so viel Respekt, dass sie selbst auf dem Fußgängerweg ohne zu Murren aus dem Weg gingen. Dies zeigte, wie tief verwurzelt die Hierarchie des Autos in den Köpfen der Menschen ist! Fußgänger sind es gewohnt, sich unterzuordnen. Sie drücken an der Ampel einen Knopf und warten geduldig, bis sie gehen dürfen, während Autos lange Ampelphasen bekommen und wissen, dass die Straße ihr Herrschaftsgebiet ist.

Um dies umzukehren, startete die Gruppe um Klaus Schäfer zehn Tage später eine dritte Aktion mit Namen „Gehen als Luxus“. Dabei ging es darum, einen Rollentausch vorzunehmen und sich als Fußgänger an die Spitze der Verkehrskette zu stellen. Ähnlich wie beim Dauergrün für Fußgänger legten die Studenten rote Teppiche als Fußübergänge auf die Straßen und warteten ab, was passiert. Die meisten Autofahrer hielten an und ließen die Fußgänger über die Straße gehen. Sogar eine Straßenbahn, ein Taxi und ein Polizeiwagen hielten achtungsvoll. Der 2003 verstorbene Begründer der „Spaziergangswissenschaften“ Lucius Burckhardt hatte in Kassel bereits ein ähnliches Projekt realisiert. Dabei waren mobile Zebrastreifen auf die Straßen gelegt worden. Burckhardt hatte damals gesagt: „Der Zebrastreifen ist die erste Form der Entrechtung des Fußgängers. Er sagt ihm, wo er die Straße überqueren darf.“

Für einen neuen Blickwinkel wird es Zeit, denn eigentlich sollte der viel verletzlichere Fußgänger gegenüber dem Auto immer Vorrang haben. Vielen ist das gar nicht bewusst. (SK, erschienen in LICHTSPRACHE Nr. 59)

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